Das große Heft

Was bringt eine Mutter dazu, ihre geliebten Zwillinge in die Obhut einer Frau zu geben, die zwar ihre Großmutter ist, aber von allen nur „die Hexe“ genannt wird? Auf dem Lande fallen keine Bomben. Doch längst hat der Krieg auch hier Einzug gehalten und das Zusammenleben der Menschen vergiftet. Von der Großmutter verachtet und ausgebeutet, widmen sich die beiden Neunjährigen ohne moralischen Leitfaden ihrer eigenen Erziehung.

Die Welt um sie herum zeigt ihnen, was sie für ihr Leben vor allem benötigen: Härte, Schmerzunempfindlichkeit und Gefühlskälte. Systematisch betreiben sie das, was man heute „Selbstoptimierung“ nennen würde, indem sie jede menschliche Regung in sich abtöten. Die erschütternde Lehre dieses Textes: Der Krieg ist auch dort furchtbar, wo keine Panzer rollen. Bis in den letzten Winkel einstiger Geborgenheit zerstört er jede Menschlichkeit. Sie kehrt in diese Seelen auch nicht mehr zurück, selbst wenn der Krieg längst zu Ende sein wird.

Aus dem Französischen übersetzt von Eva Moldenhauer
Szenische Lesung mit Alexander Scheer und Robert Stadlober
eingerichtet von Gerhard Ahrens