Seite Eins

Johannes Krams Stück „Seite Eins“ ist die frappierende Innenansicht eines Betriebs, der für nicht weniger zuständig ist als für unser Bild von der Wirklichkeit. Der Boulevard-Journalist Marco betrachtet „Wirklichkeit“, also das reale Geschehen, wohl eher als eine Art Rohstofflieferant für „Storys“. Aus deren Produktion besteht seine Arbeit, er scannt seine Umgebung ständig nach Material ab, aus dem sich etwas machen lässt, am besten natürlich für die Titelseite.

Dieses Ziel hat er täglich vor Augen: Marcos Story auf „Seite Eins“ des Millionenblattes, an das er seine Seele verkauft hat. Und jeden Rest von Berufsethos, der ihm vielleicht einmal beigebracht worden sein sollte. Denn das Ethos dieser Welt des Boulevards ist eine wohlfeile Lüge, die da lautet: wir produzieren nur, was die Menschen lesen wollen. Wir machen sie glücklich in ihren Illusionen über eine Welt voller Skandale und Rührgeschichten, von denen keine wahr ist, aber das ist eben der Unterschied zum Roman: Wir simulieren Tatsächlichkeit und machen die Lügenwelt real bewohnbar.

Ein Theaterstück für einen Mann und sein Smartphone
von Johannes Kram

mit Boris Aljinovic als Marco
Regie und Dramaturgie: Bernd Kauffmann
Regieassistenz: Helga Angarano
Bühne und Kostüm: Bernhard Lohmann